Als meine Freunde von dieser Idee hörten, waren sie erstaunt, sie waren neidisch, sie hatten Angst, doch davon ließ ich mich nicht abhalten vor dem vorerst größten Abenteuer meines Lebens. Raus aus dem tristen ostdeutschen Leben in Leipzig und hinein in die bunte Welt Südafrikas!

Für mein späteres Lehramtsstudium suchte ich letztes Jahr eine Möglichkeit,  ein Praktikum zu machen, ich stieß auf diese Seite und sah die vielen Angebote in exotischen Ländern. Im Gedächtnis hatte ich noch die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika, die mich dazu veranlasste, das Land zu bereisen. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, was mich “da unten” erwartet. Ich stieg in den Flieger und war 10 Stunden später in Kapstadt, am so ziemlich südwestlichsten Punkt des afrikanischen Kontinents. Schon auf dem Flughafen bemerkte ich den herzlichen Umgang und die afrikanische Kultur, war aber trotzdem von der südlichen Pünktlichkeit überrascht.

Ein Autobus brachte mich zum Freiwilligenhaus, welches vielleicht 100 Meter vom Atlantik entfernt im gutbürgerlichen Sea Point liegt. Ich wurde sehr nett vom “Hausvater” und den anderen Freiwilligen aufgenommen. Mein Ankunftstag war ein Sonntag, in Deutschland würde man sagen “alles chillt”, ich nutzte den Tag, um ganz einfach mal durch eine komplett andere Welt zu laufen, ich war denk ich den ganzen Tag nur am Staunen, von der prächtigen Innenstadt von Kapstadt, die trotzdem halb in der Natur zwischen Tafelberg und Löwenkopf liegt.

Ich würde die Unterkunft in Kapstadt wie eine bessere “Klassenfahrtsunterkunft” bezeichnen, natürlich ohne nervende Lehrer. Respekt und Rücksicht waren aber trotzdem stets an der Tagesordnung. Spaß war garantiert.

Am Montag stand dann ein Einführungstag an, wir besuchten das Büro der südafrikanischen Agentur. Danach stand ein Stadtrundgang geführt von einem Korea-Veteranen aus den USA an. Die Eindrücke der Stadt waren überwältigend und legten auch einen Grundstein für die spätere Orientierung in der Stadt. Zudem lernte ich einige Freiwillige besser kennen, die in derselben Woche angereist waren wie ich. Es waren nicht nur Deutsche, vor allem Amerikaner, aber auch zwei aus Kasachstan lernte ich kennen.

Am nächsten Tag stand nun endlich der erste Schultag für mich an, der Tagesablauf war so ungefähr wie folgt: Je nachdem, wie weit die Schule von der Unterkunft weg ist (nie weiter als zwanzig Autobusminuten) steht man zwischen halb und um 7 auf. Meine Schule war etwa zehn Minuten entfernt, gleich neben dem großen Fußballstadion (Deutschland hat hier  Argentinien 4:0 geschlagen, was für ein Tag!). Die Autobusfahrt kostet generell 7 Rand, also umgerechnet etwa 50 Cent von Sea Point bis nach Downtown. Meistens bin ich die Strecke von etwa 2,5 Kilometern gelaufen, da man zu Fuß aus meiner Sicht die Stadt besser kennenlernt und natürlich auch wegen dem angenehmen Wetter im südafrikanischen Winter. Sobald ich mich ungefähr 2 Häuserblocks der Grundschule genähert habe, kamen die ersten Kinder angerannt, sie riefen laut “Teacher!” und es kamen immer mehr und mehr, die Schule betrat also meist ein großer Menschenknäuel mit einem großen blonden Jungen in der Mitte. Auf dem Schulhof ging es mehr als turbulent zu, deutsche Schulhöfe sind dagegen “Kindereien”.

Irgendwann kam dann der große Gong und die Schüler mussten sich aufreihen in ihren Klassen, es wurde gebetet. Nach dieser Prozedur ging es in die Klassenzimmer, die leider in einem relativ schlechten Zustand waren.

Die Schule ging von 8 Uhr bis 14 Uhr, Schuluniformen sind Pflicht, es gibt scheinbar keine Fächer, nur Themen wie Mathematik, Englisch, Afrikaans und Sachkunde. Meine Lehrerin, mit der ich sogar heute noch in Kontakt stehe, war sehr nett. In den ersten beiden Wochen waren meine Aufgaben, Arbeiten zu kontrollieren usw. In der letzten Woche durfte ich sogar einen ganzen Tag unterrichten, das war sehr anstrengend, aber es hat sich mehr als gelohnt. In der Schulzeit gibt es zwei große Hofpausen, die das große Highlight der Kids sind.

Viele der anderen Freiwilligen an meiner Schule waren in der Zeit meistens im Lehrerzimmer, ich habe Fußball und Rugby mit den Kindern auf dem Hof gespielt, und musste mehrmals feststellen, dass ich gegen eine Riesenhorde aus  9- und 10-Jährigen keine Chance hatte. Aber es war ein Riesenspaß, vor allem für die Kleinen, und das ist ja letztlich der Sinn der Sache. Dementsprechend musste ich auch um 14 Uhr, als die Schule aus war, kämpfen, dass ich es vom Schulhof schaffe.

Da die Schulen meist zentrumsnah lagen, nutzte ich die Zeit nach der Schule oft, um die Stadt zu erkunden, oder ich ging nach Hause um mich darüber zu freuen, dass ich endlich wieder Internet habe, um meinen aufgeregten Freunden in Deutschland zu schreiben, dass ich noch lebe.

Das Freiwilligenhaus stellte stets Kost und Logis, vor allem das Abendessen in einem benachbarten Restaurant wäre hier positiv hervorzuheben. Am Wochenende musste man sich selbst verpflegen, was aber auch nicht ein großes Problem war.

Mit meinen Zimmergenossen habe ich auch einen Wochenendtrip durch die Westkap-Region gemacht, natürlich mit allen Sehenswürdigkeiten und der wunderschönen Natur. Unsere Agentur in Kapstadt hat dies sogar mit einem Rabatt belegt, also wirklich für jeden Volunteer ein Muss. Auf dem Weg waren das legendäre Kap der guten Hoffnung, die Cape Winelands (natürlich mit einer Weinverkostung!), Stellenbosch (wunderschöne Universitätsstadt im Stile Tübingens), das Township Kayamandi und das Cape Agulhas, der wirklich südlichste Punkt Afrikas.

Hervorheben möchten ich hier vor allem das Armenviertel Kayamandi, ich hatte ehrlich gesagt vorher Vorbehalte wegen Kriminalität und so weiter, aber was mich dann erwartet hat, war ein komplett anderes Bild. Die meisten Wellblechhütten sind festen Gebäuden gewichen, die Straßen wurden befestigt, Müll liegt trotzdem noch auf den Straßen, und die Kinder spielen mittendrin. Die Menschen an den Häusern waren auch wieder sehr herzlich, haben sogar mit uns gelacht und Fotos gemacht, und es gab sogar Bier für uns!

In Kapstadt selbst gibt es natürlich auch viel zu erkunden, eine Besteigung des Tafelbergs Pflicht, eine Rundfahrt durch die Stadt natürlich auch. Ich war in Kapstadt in den vier Wochen so viel Bergsteigen und Klettern wie nie in meinem Leben zuvor. Die Aussicht war immer wieder den langen und beschwerlichen Weg wert.

Ich besuchte natürlich auch die Gefängnisinsel Robben Island, in der Nelson Mandela lange Jahre seines Lebens einsaß. Allgemein ist Kapstadt und Südafrika voller Andenken an diese großartige Person, ohne Mandela hätte ich wahrscheinlich auch nie diese Reise angetreten. Selbst zu Lebzeiten waren schon Prachtstraßen nach ihm benannt und riesengroße Denkmäler für ihn errichtet.

Die südafrikanische Mentalität ist mit der deutschen Lebensweise in keiner Art zu vergleichen, die Menschen sind allgemein netter, alles wird zumindest scheinbar mit einem Lächeln gelöst. Es ist eben eine komplett andere Welt. Das alles waren meine Erfahrungen aus Südafrika, natürlich fiel es mir nach vier Wochen schwer wieder nach Hause zu fahren, aber es bleiben die Erinnerungen und der Wunsch, mal wieder vorbeizuschauen, in der Mutterstadt Kapstadt!

25. Februar 2014 - Erfahrungsbericht, Freiwilligenarbeit, Südafrika

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