Freiwilligenarbeit in KeniaWieso Kenia? Nach Afrika wollte ich schon immer einmal und so überlegte ich, was ich wohl nach dem Abitur und vor Beginn des Studiums machen wollte. “Wieso nicht Afrika?”, fragte ich mich. Ohne zu wissen, was mich erwarten würde, stieg ich in das Flugzeug nach Nairobi. Im Gepäck hatte ich die Hoffnung, die beste Zeit meines Lebens zu haben und viele neue Erfahrungen zu sammeln. Angekommen am Flughafen in Nairobi realisierte ich zum ersten Mal, dass das Abenteuer beginnt.

Abgeholt wurde ich von meinem Projektkoordinator und die 30-minütige Fahrt zu meinem neuen Zuhause verbrachte ich damit, mir die Umgebung genau anzuschauen. “Das ist dein neues Zuhause”, sagte ich mir, ohne genau zu wissen, wohin die erste Fahrt mich führen würde. Geendet hat die Fahrt in dem kleinen Städtchen Kikuyu nicht weit von Nairobi entfernt. Ich war überwältigt und zugleich fasziniert von den ersten Eindrücken. Nach meiner ersten Nacht machte ich mich auf dem Weg zur Matatu-Station. Matatus sind kleine Busse, die bis zu 14 Fahrgäste transportieren können. So gelangte ich zum Kinderheim.

Freiwilligenarbeit in Kenia

Ein Zuhause für 48 Kinder und Jugendliche

Ich öffnete das grüne Metalltor und schon sprangen mir die Kinder entgegen, schüttelten mir die Hand und umarmten mich. Das Kinderheim existiert mittlerweile seit mehr als zwei Jahren und ist das Zuhause von 48 Kindern zwischen 1 ½ und 18 Jahren. Das bedeutet 48 Kinder mit den unterschiedlichsten Schicksalen, die trotz ihrer Erfahrungen so viel Wärme und Herzlichkeit ausstrahlen, dass man sich vom ersten Augenblick an, in dem man das Kinderheim betritt, geborgen fühlt. Sie führten mich herum, zeigten mir die Schlafräume, die Toiletten und die offene Feuerstelle, die zum Kochen des Essens dient. In den Schlafräumen befinden sich vierzehn Betten ohne richtige Matratzen, ohne Kissen oder Decken. Als Toilette dient ein einfaches Loch, umgeben von silbernem Wellblech. Eine richtige Dusche fehlt. Die Kinder waschen sich in großen Eimern.

Nachdem ich mir alles genau angeschaut hatte, machte ich mich an die Arbeit, wovon es mehr als genug gibt. Das alltägliche Leben stellt die Mitarbeiter des Kinderheims vor nicht zu erahnende Herausforderungen. Zu meinen Aufgaben gehört der Abwasch, das Essen vorzubereiten, insbesondere Bohnen, Mais oder Reis zu sortieren sowie die Wäsche auf afrikanische Art und Weise zu waschen. Das bedeutet ohne Maschine und Waschpulver, dafür mit den Händen, kaltem Wasser und einem Stück Seife.

Zum ersten Mal in einer Schule

Zum Kinderheim gehört eine kleine Schule. Es gibt drei Klassenräume, in denen die Vorschule sowie die 1. und 2. Klasse Platz finden. Die älteren Kinder verlassen morgens um 6 Uhr das Haus und legen einen weiten Fußweg bis zu ihrer Schule zurück. Zwischen 16 und 18 Uhr kehren sie zurück. Der Unterricht hier in Kenia unterscheidet sich grundlegend von einem deutschen Schulalltag. Viele Kinder sind, bevor sie in das Kinderheim kamen, nie zur Schule gegangen, wissen nicht, wie man liest oder schreibt. Das bedeutet letztlich, dass sie ganz von vorne anfangen müssen und es zu großen Unterschieden in den Leistungen der Kinder kommt. Dennoch sind die Kinder wissbegierig, aufgeschlossen und lernen schnell.

Kommen die Kinder die Treppe der Klassenzimmer hinuntergestürmt, weiß man genau, dass nun die Zeit ist, herumzutoben, zu basteln oder mit den Kindern deren Hausaufgaben zu machen. Es ist schön zu sehen, wie sehr sie die gemeinsamen Stunden und die Aufmerksamkeit, welche man ihnen zukommen lässt, genießen. Sie können in dieser Zeit unbeschwert lachen und einfach nur Kind sein. Ich hätte nie gedacht, dass diese Kinder mein Leben so stark prägen und verändern werden.

Freiwilligenarbeit in Kenia

“Normales” Leben trotz Schicksalsschlägen

Freiwilligenarbeit in KeniaDie wenigstens Kinder sind übrigens hier, weil ihre Eltern früh verstarben. Die meisten von ihnen wurden schwer misshandelt oder mussten, verlassen von ihrer Familie, auf der Straße um ihr Überleben kämpfen. So sind sie nun hier mit der Hoffnung, ein halbwegs normales Leben führen zu können. Es ist das Wichtigste, den Kindern so viel Liebe wie möglich zu geben.

Als ich an einem der folgenden Tage das Tor zum Kinderheim öffnete, blickte ich nichtsahnend in die Augen sechs neuer Kinder. Natürlich fragte ich mich, was wohl die Geschichte dieser Kinder ist, und so fand ich heraus, dass es Geschwister waren, die von ihrer Mutter verstoßen wurden und sich alleine auf der Straße durchschlugen.

An den Wochenenden unternahm ich gemeinsam mit anderen Freiwilligen Ausflüge, um Kenia kennenzulernen. Auch eine Safari stand auf meiner To-Do-Liste und so machten wir uns auf den Weg nach Massai Mara mit dem Ziel, die “Big Five” zu sehen. Zu den “Großen Fünf” gehören Elefanten, Büffel, Nashörner, Löwen und Geparden. Dieser Wunsch wurde uns letztendlich erfüllt und wir waren beeindruckt von der faszinierenden Landschaft Kenias. Am letzten Tag unseres Ausfluges, der dazu dienen sollte, die verschiedenen Facetten Kenias kennenzulernen, besuchten wir ein Massai-Dorf. Empfangen und herumgeführt wurden wir von dem Sohn des Oberhauptes, der all die Unklarheiten, die sich in Bezug auf diese Kultur in unseren Köpfen angesammelt hatten, aus dem Weg räumte. Die Massai gewährten uns einen Einblick in ihre Hütten, tanzten für uns und erzählten uns mehr über ihre Rituale und Traditionen.

Was man empfinden soll nach fast zwölf Wochen, die man mit den Kindern verbracht hat, ist schwer zu beschreiben. Die Kinder haben mir gezeigt, was es heißt, dankbar zu sein. Sie haben mich Kleinigkeiten schätzen gelernt, mich als Mensch verändert und mich durch ihre Lebensfreude glücklich gemacht.

3. April 2014 - Erfahrungsbericht, Freiwilligenarbeit, Kenia

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